20.09.07: Bürgerprotest ja - aber ohne Nazis! Der
Bürgerprotest am Erfurter Wiesenhügel hält an. Doch leider glaubt eine
Protestgruppe, ein sog. Bürgerrat, sich offen von der NPD unterstützen
lassen zu können. Damit nicht genug, werden die Neonazis auf
Veranstaltungen auch noch als "nur national denkende Demokraten"
gepriesen. Damit schaden sie sich nicht nur selbst, sondern auch dem
Protest. Denn mit Nazis kann man keine Verhandlungen über Abrisspläne
führen. Die Forderung der Bürgerinitiative "Der Wiesenhügel muss leben"
in der ich einer SprecherInnen bin, kann ich dagegen voll und ganz
unterstützen: Alle MieterInnen, die weiterhin am Wiesenhügel wohnen
möchten, müssen dort angemessenen, bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung
gestellt bekommen. Die von der Stadt und
der Kommunalen Wohnungsgesellschaft (KOWO) vorgelegten neuen
Abrissvarianten nehmen darauf leider keine Rücksicht. Nach wie vor
sollen unbedingt 1000 Wohnungen zerstört werden, in einem Plan in der
besonderen Variante des "zugenagelten Leerstandes". Dabei kann nun
mittlerweile kein Mieter einer KOWO-Wohnung mehr seine Zukunft sicher
planen: Jede Wohnung wird in irgendeiner der nunmehr vier Planungen
"zurückgebaut". Auf einer erneuten
Bürgerversammlung im Rahmen der "Bürgerbeteiligung" erteilten die über
300 Anwesenden diesen Plänen erneut eine klare Absage. Die MieterInnen
wollen nicht die Sündeböcke für die verfehlte Politik der Vergangenheit
sein. Sie forderten die KOWO auf, endlich von der Zahl 1000
abzureissender Wohnung Abstand zu nehmen und Rückbauplanungen
vorzulegen, die allen, die dies wollen, ein Wohnmöglichkeit bietet. Denn
mit der Unsicherheit der letzten Wochen können und wollen leider nicht
alle BewohnerInnen leben, sie ziehen in Stadtteile um die
"Bestandsgarantie" haben und nicht für den Abriss vorgesehen sind. Ich
hoffe, dass wir in den Gesprächen mit den Stadtratsfraktionen in den
nächsten Tagen ein klares Signal erhalten: Der Totalabriss am
Wiesenhügel wird abgesagt und gemeinsam mit den BürgerInnen wird ein
Konzept zum Bleiben entwickelt. 12.10.07: Bürgerproteste am Wiesenhügel zeigen Wirkung und erste Erfolge Die
BewohnerInnen am Erfurter Wiesenhügel geben keine Ruhe. Auch nachdem
die Stadtverwaltung und die KOWO einen neuen Maßnahmeplan zum sog.
Masterplan II vorgelegt haben, mobilisiert die Interessenvertretung der
Mieter weiter gegen den geplanten Abriss. In
dem neuen Plan zeigt sich, dass die bisherigen Proteste Wirkung gezeigt
haben: Die Stadtverwaltung nimmt endgültig Abschied vom geplanten
Totalabriss eines ganzen Stadtteils (im 1. Entwurf sollte am unteren
Wiesenhügel kein einziges Gebäude stehen bleiben) und will nun nur noch
Teile am oberen und unteren Wiesenhügel im Jahr 2009 abreißen. Außerdem
wird mehr auf die Belegung der Häuser geachtet: Zur Sanierung stehen
jetzt die Blöcke an, die am besten belegt sind, sofort abgerissen wird
in den Blocks mit dem höchsten Leerstand.
Allerdings
ist die Zahl der zur Sanierung vorgesehenen Wohnungen noch immer nicht
ausreichend, um der zentralen Forderung der Bürgerinitiative „Der
Wiesenhügel muss leben“ zu entsprechen: Die KOWO muss jedem Mieter am
Wiesenhügel, der bleiben möchte, dieses Verbleiben ermöglichen. „Und
deshalb muss auch in diesem Plan noch nachgebessert werden“ erklärt die
Sprecherin der BI, Barbara Langen. Es
gibt neben abzureißenden und zu sanierenden Blöcken eine dritte Gruppe
von Wohnungen in diesem Plan. 405 Wohneinheiten werden nicht sofort in
2009 sondern irgendwann danach „rückgebaut“. „Dieser Zustand ist
unerträglich“ gibt Langen die Meinung der betroffenen Mieter wieder.
Hier wird die KOWO genau das produzieren, was sie in Vorgesprächen immer
als Menetekel an die Wand gemalt hat: Leerstehende, zugenagelt
Wohnblöcke, die das gesamte Gebiet unattraktiv machen.
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Denn die Mieter dieser Häuser werden mangels Perspektive
aus ihren Wohnungen ausziehen, neue Mieter ziehen nicht nach. „Denn wer
wolle schon in ein Haus einziehen, an dem dransteht: Ich werde
irgendwann nach 2009 abgerissen?“ fragt sie zu Recht.„
"Deshalb
unterstützen wir den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE im
Stadtrat“ erklärt ihr Sprecherkollege, Matthias Plhak. Dort wird
gefordert, diese 405 Wohnungen ab 2009 in einen Sanierungsplan
aufzunehmen. „Nur so können wir etwas gegen die Verunsicherung der
Mieter tun und ihnen eine Bleibeperspektive aufzeigen“ sagt Plhak.
Geschehe dies nicht, so werden die Mieter wie Figuren auf einem
Schachbrett behandelt. „Herr Herrmann von der KOWO hat uns mitgeteilt,
für jeden von uns sei irgendwo in Erfurt eine Wohnung frei. Ob wir da
überhaupt hinziehen wollen, hat er nicht gefragt“. Und
warum das ganze? Es geht um Fördermillionen. Beantragt die Stadt nicht
bis zum 31.10.2007 Fördermittel aus einem Bundesprogramm zum
Gebäuderückbau für das Jahr 2009, ist das Geld angeblich
unwiederbringlich verloren. Denn dieses Programm endet 2009, eine
Verlängerung (noch) nicht in Sicht. Doch nicht nur der Abriss, sondern
auch der Umzug der Mieter wird gefördert und zusätzlich die Altschulden,
die auf den Gebäuden lasten, erlassen. Damit ist klar: Die KOWO wird
durch den Abriss ihre Bilanz aufbessern und rund 1500 Menschen am
Wiesenhügel sollen dafür umziehen. Die
Bewohner des Wiesenhügels werden deshalb ihren Protest jetzt noch
deutlicher sichtbar machen. Die Bürgerinitiative hat die Mieter
aufgefordert, als Zeichen des Bleibewillens ein gelbes Tuch aus dem
Fenster zu hängen. Damit wird auch nach außen dokumentiert: Hier wohnt
jemand, der NICHT ausziehen will.
Und am
Tag der Stadtratsentscheidung, am 29. Oktober wird es ab 16.00h auf dem
Fischmarkt eine große Kundgebung geben. Zur Teilnahme an dieser
Kundgebung ruft die Bürgerinitiative nicht nur die Betroffenen auf: „Das
Szenario am Wiesenhügel kann auch jeden anderen Stadtteil treffen.
„Denn wer sagt, dass nicht demnächst ein anderes Förderprogramm ausläuft
in dem andere Abbruchvarianten gefordert werden?“.
12.10.07: Über 400 Wohnungen gerettet - Der Protest hat Wirkung gezeigt Der
Erfurter Stadtrat hat sich in der Frage des Wohnungsabrisses am
Erfurter Wiesenhügel für die soziale, nicht für die
betriebswirtschaftliche Variante entschieden: Nicht zuletzt aufgrund der
andauernden und sehr intensiven Proteste der BürgerInnen vom
Wiesenhügel wurde zu Wochenbeginn die Sanierung und nicht der Abriss
weiterer 405 Wohnungen beschlossen. Damit werden nicht. wie ursprünglich
geplant, mehr als 1500 Menschen umziehen müssen, sondern nur etwa 450.
Eine Hauptforderung der Bürger wurde somit erfüllt: Jedem Bewohner, der
am Wiesenhügel bleiben möchte, kann dort eine Wohnung angeboten werden.
Die
Bürgerinitiative "Der Wiesenhügel muss leben" hatte vor der
entscheidenden Sitzung noch einmal zur Teilnahme an einer Kundgebung vor
dem Rathaus aufgefordert. Alle Fraktionen und auch der
Oberbürgermeister, Andreas Bauswein, sprachen zu den DemonstrantInnen
und erklärten, eine sozialverträgliche Lösung finden zu wollen.
Und
in der Sitzung taten sich dann ungewöhnliche Allianzen auf: Teile der
CDU, die SPD und die Fraktion DIE LINKE stimmten letztendlich für den
Erhalt einer Gruppe von Wohnungen am Haselnuß-, Hagebutten-, Holunder-,
und Wacholderweg, deren Schicksal im ursprünglichen Antrag noch ungewiß
war.
Aber leider bleibt es beim Abriss der Wohnungen Am
Wiesenhügel 2-18, Färberwaidweg 5-11, Goldregenweg 2-34 und
Seidelbastweg 1-29. Für die Betroffenen in diesen Wohnungen fordert der
Stadtrat jedoch eine altersgerechte und soziale Begleitung und für
Mieter mit Migrationshintergrund eine muttersprachliche Betreuung im
Rahmen des Umzugsmanagements.
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